Überlegungen zum Thema Unternehmensnachfolge
Zahlreiche Unternehmen in Deutschland suchen Nachfolger, extern oder aus der eigenen Mitarbeiterschaft, wenn kein Familienmitglied zur Weiterführung bereit ist. Eine im Markt eingeführte Firma mit bestehendem Kunden- und Personalstamm zu übernehmen, statt ein Unternehmen völlig neu aufzusetzen? Das ist eine verführerische Idee für Gründungsinteressierte. Für uns Grund genug, das Thema einmal zu hinterfragen.

Das Potential: Nachfolger sind gefragt wie nie
Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn steht zwischen 2022 bis 2026 bundesweit bei etwa 190.000 Unternehmen die Nachfolge an. Mehr als 27.000 sollen es allein in Baden-Württemberg sein, the Länd steht damit an dritter Position nach NRW und Bayern.
Zum Großteil sind das Firmen im Bereich unternehmensbezogene Dienstleistungen, wie Verkehr und Logistik, Information und Kommunikation, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Grundstücks- und Wohnungswesen, freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen etc. Danach kommen produzierende Gewerbebetriebe und Handel. Mit größerem Abstand folgen personenbezogene Dienstleistungen, wie Gastgewerbe, Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen, Kunst, Unterhaltung und Erholung etc. Das Schlusslicht bilden Land-, Forst- und Fischwirtschaftsbetriebe.
Laut dem DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2022 soll knapp die Hälfte der zur Übergabe anstehenden Unternehmen extern verkauft werden, ca. 17 Prozent an Mitarbeitende, 36 Prozent der Nachfolgen sollen innerhalb der Unternehmerfamilie geregelt werden. Andere Studien kommen zu leicht variierenden Ergebnissen, jedoch zeichnet sich klar ab: Nachfolger, die bereit sind, ein bestehendes Unternehmen weiterzuführen, werden dringend gesucht.
Das bestätigt auch das aktuelle Nachfolge-Monitoring Mittelstand der KfW vom März 2023. Demnach gibt es in Deutschland einen drastischen Mangel an geeigneten Nachfolgern, so dass vielen Unternehmen das Aus droht, wenn die Inhaber in den Ruhestand gehen.
Beste Chancen also für Existenzgründer? Die Antwort ist ein klares Jein!
Egal ob Sie die Firma, in der Sie arbeiten, übernehmen oder als Externer ein fremdes Unternehmen erwerben wollen: Sie sollten sich mit den Chancen und Risiken auseinandersetzen, die damit verbunden sind.
Entscheidend ist, was Ihr Kopf sagt. Und der Bauch.
Eine Unternehmensnachfolge muss gründlich durchdacht, geplant und vorbereitet sein. Die Liste der Fragen, mit denen Sie sich als potentieller Nachfolger auseinandersetzen müssen, ist lang:
- Weiß ich genug über das Unternehmen? Wie solide und ertragreich ist es wirklich?
- Hängt das Geschäftsmodell von der Eigentümerpersönlichkeit ab oder lässt es sich übertragen?
- Wie tickt das Team, die Kundschaft, der Markt?
- Ist die Firma für mich geeignet, passt sie zu mir und umgekehrt? Kann ich mir vorstellen, hier viel Mühe und Arbeit zu investieren? Habe ich die fachlichen Kompetenzen und Kenntnisse, die ich dafür brauche?
- Wie rentabel ist das Unternehmen? Kann ich auf längere Sicht gut davon leben? Wo liegen Potentiale, wo Risiken für die Zukunft?
- Hat das Unternehmen Verbindlichkeiten, die ich mit übernehmen muss? Gibt es Haftungsrisiken, für die ich nach dem Kauf einstehen muss?
- Wie viel Geld will der Verkäufer haben und wie viel ist das Unternehmen tatsächlich wert? Wie komme ich an ein objektives Wertgutachten?
- Wie kann ich den Kauf finanzieren? Wie nachvollziehbar ist der Preis für die Bank bzw. potentielle Investoren?
- Wie lässt sich die Übergabe zusammen mit dem Alteigentümer gestalten, um den Kundenstamm zu sichern?
- Was muss ich tun, um den künftigen Erfolg der Firma zu sichern? Muss ich modernisieren und investieren? Eingefahrene Strukturen und Prozesse ändern? Neue Kunden und Märkte erschließen? Habe ich die unternehmerischen Kompetenzen dafür?
- Traue ich mir zu, die Loyalität und das Vertrauen der Belegschaft als neuer Chef bzw. neue Chefin zu gewinnen? Habe ich die Führungsqualitäten, um meine Vorstellungen durchzusetzen und dabei die bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen?