Kfz-Schadenabwicklung 2.0
Was Gründer-Intelligenz mit Künstlicher Intelligenz möglich macht
Das Start-up FIASCO bietet eine innovative, auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Web-Plattform, mit der die Regulierung von Fahrzeugschäden revolutioniert wird. Für ihre wegweisende Entwicklung wurden die beiden Gründer mit einem Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg für Hightech Start-ups ausgezeichnet. Und die erfolgreiche Geschäftsentwicklung seit dem Markteintritt 2021 zeigt, dass der Markt auf dieses Angebot gewartet hat.
Herr Aslan, der Name Ihres Start-ups ist ziemlich ungewöhnlich, wie kam es dazu?
„Beim Ausdruck ‚Fiasko‘ denkt jeder gleich an einen Misserfolg oder eine Katastrophe, dabei bezeichnet das italienische Wort ‚Fiasco‘, mit ‚C‘ geschrieben eher das Gegenteil, nämlich die bauchige, mit Stroh geschützte, klassische Chianti-Flasche. Aber unser Name hat noch eine ganz andere Geschichte. Hier stecken die Namen CO für meinen Mitgründer Coşkun und AS für Aslan drin. Daraus wurde dann FIASCO, mit dem Gedanken: Ein Fahrzeugschaden muss kein Fiasko sein, wenn FIASCO dir hilft.“
Ist Ihre Geschäftsidee auch bei einer Chianti-Flasche entstanden?
„Nein, die Idee hatte ich in der Eisdiele und entstanden ist sie aus meiner langjährigen Erfahrung mit meinem eigenen Karosserie- und Lackierbetrieb. Ich habe dann meinen Freund Harun Coşkun angesprochen, der als Entwicklungsingenieur die notwendige Software-Expertise mitbringt. Wir ergänzen uns ideal. Er ist sofort darauf angesprungen und hat die Potenziale gesehen. Schon nach ein paar Sonntagen gemeinsam nachdenken und diskutieren war dann klar, dass wir das machen wollten.“
Warum Künstliche Intelligenz für die Abwicklung von Fahrzeugschäden?
„Ich war immer auf der Suche nach Möglichkeiten, wie man die Prozesse der Schadenabwicklung im Werkstattbetrieb schneller und einfacher machen kann, um mehr Zeit fürs Kerngeschäft zu gewinnen. Dabei habe ich gemerkt, dass man früher anfangen muss, also schon bevor ein Fahrzeugschaden in der Werkstatt landet. Im Laufe der Entwicklung unserer Web-Plattform hat sich dann gezeigt, dass ein KI-System enorme Vorteile für alle Marktteilnehmer realisieren kann, die in die Schadenregelung involviert sind, also auch Versicherungen, Leasinggesellschaften, Flottenbetreiber und natürlich die Fahrzeughalter.“
Wie muss man sich das praktisch vorstellen?
„Angenommen, Sie haben einen Unfallschaden und melden ihn Ihrer Versicherung. Die schickt Ihnen keinen Papierfragebogen mehr, den sie mühsam ausfüllen müssen, sondern einen Link auf unsere Plattform. Sie machen mit dem Smartphone Bilder vom Schaden und geben die Fahrzeugdaten ein. Das war’s schon. Die KI erkennt die Bauteile und Schäden und kalkuliert den Schaden mit einer hohen Vorhersagegenauigkeit. So sind die Kosten von Anfang an transparent, die Versicherung kann schneller das Geld an Sie auszahlen und automatisch die Schadensregulierung einleiten. Alle, auch die Werkstatt, haben weniger Aufwand und Mühe. Das Ganze geht schneller und Fahrzeughalter sind zufriedener. Und der Prozess ist problemlos skalierbar, was für Versicherungen, Flottenbetreiber und Leasinggesellschaften wichtig ist.“
Wie aufwendig war der Entwicklungsprozess für Ihr KI-System?
„Wir haben im Vorfeld der Gründung gute drei Jahre in die Entwicklung und Optimierung investiert. Wir haben den Markt sondiert, welche Abnehmer sprechen wir an, was bieten wir an Nutzen, wo sind die größten Potenziale? So haben wir das System immer wieder überprüft und neu angepasst, unser Geschäftsmodell immer weiter verfeinert und das Portfolio erweitert. Wir wollten sichergehen, dass wir ein marktfähiges Produkt an den Start bringen, mit dem wir sofort richtig loslegen können und unseren Marktvorsprung sichern.“
Und dieser Einsatz hat sich gelohnt?
„Ja, das zeigt der Erfolg, den wir haben. Das Feedback aus dem Markt ist klar: Wir bieten eine ausgereifte, umfassende Lösung, die es bisher noch nicht gab, die der Markt aber braucht. Entsprechend zahlreich sind die Anfragen, die wir bekommen.“
Hat die gründliche Vorbereitung auch die Finanzierung erleichtert?
„Ein Ergebnis der intensiven Konzeptphase war, dass wir auch einen perfekt durchdachten Businessplan mit überzeugenden Zahlen, inklusive Machbarkeitsstudie, vorweisen konnten. Natürlich hat das bei der Finanzierungsfrage geholfen. Wir konnten zeigen und belegen, dass unsere Idee Hand und Fuß hat.“
Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit Ihrer Bank?
„Die Gespräche mit der Gründerbank liefen von Anfang an richtig gut. Besonders gefallen hat mir die Offenheit der Berater. Man spürt echtes Interesse an uns und unserer Idee, da wird nicht nur auf die Zahlen geschaut, sondern das Produkt steht im Mittelpunkt. Die wollten wirklich verstehen, was wir machen, und sind mit Begeisterung bei der Sache. Auch im Daily Business werden wir bestens unterstützt. Das ist ein gutes Gefühl. Wir haben noch Großes vor und ich freue mich, dass wir das gemeinsam angehen.“
Was sind das für Pläne?
„Wir wollen unser Portfolio weiter ausbauen und neue Module entwickeln, um unsere Vision einer holistischen Plattform für die Schadenabwicklung zu verwirklichen. Daran arbeiten wir gerade mit Hochdruck. Darüber reden wollen wir erst, wenn alles perfekt ist, da bleiben wir unserer Linie treu.“
Wir sind gespannt und überzeugt, dass Ihre Pläne kein „Fiasko“ werden. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben.
KURZ & bündig
Mein Rat für künftige Gründer:
„Das A und O für eine erfolgreiche Gründung ist gründliche Marktkenntnis. Denn ob eine Idee wirklich gut ist, entscheidet nur der Markt. Deshalb mein Rat an Gründer: Nehmt euch Zeit für die Entwicklung eurer Idee und Optimierung des Geschäftsmodells. Also möglichst viel Input aus dem Markt holen, recherchieren, analysieren, prüfen und kritisch bewerten, um letztlich das Angebot zu realisieren, das auch gekauft wird.“
Was sollten Gründer mitbringen:
„Wer gründet, muss wissen: Gründer ist man 24/7. Wer glaubt, eine Geschäftsidee kann man schnell mal nebenher erfolgreich auf den Weg bringen, ist auf dem Holzweg. Eine Gründung ist eine lange Reise ohne Versprechen, Erfolg ist nicht treu und wechselt oft den Besitzer. Da muss man dranbleiben, Unsicherheiten aushalten und auch Opfer bringen. ‚Gib niemals auf. Heute ist hart. Morgen wird schlimmer. Aber der Tag nach morgen bringt Sonnenschein‘, so hat das Jack Ma, der Gründer von Alibaba ausgedrückt.“
Was ich ändern würde, um es Gründern leichter zu machen:
„Start-ups brauchen weniger Bürokratie, schnellere Abläufe und mehr Unterstützung von Bund und Land. Auch die Finanzierung von jungen Unternehmen dauert oft viel zu lange. Da würde ich mir wünschen, dass die Geschäftsidee und Potenziale mehr gesehen werden und nicht nur die Zahlen.“
Mich inspiriert:
„Ich hatte keine optimalen Startbedingungen im Leben und habe mir selbst erarbeitet, was ich heute bin. Wichtig ist, wie man mit den Herausforderungen des Lebens umgeht, dass man sich nicht entmutigen lässt, sondern aus allem stärker rauskommt.“
Mein Lebensmotto:
„Wenn ich mal einen Schritt zurückgehen muss, ist das kein Rückschritt – sondern ich nehme Anlauf, um erst recht voll durchzustarten.“
Profil Gründer:
Önder Aslan, 34, ist schon länger sein eigener Chef. Nach dem Wirtschafts-Abitur machte er eine Ausbildung zum Fahrzeuglackierer. Vor 10 Jahren übernahm er als Nachfolger seinen Ausbildungsbetrieb und baute den Lack- und Karosserie-Fachbetrieb weiter aus, mit heute zwei Standorten und mehr als 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Seine langjährige Berufserfahrung in der Branche führte zur Idee der KI-gestützten Schadenabwicklung. Mit seinem Co-Gründer, dem Dipl.-Ingenieur Harun Coşkun, verbindet ihn eine Freundschaft aus Kindertagen. Ausgleich vom fordernden Arbeitsalltag findet der frisch gebackene Vater in der Familie und im Sport, sprich: Laufen, Fitness und Fußball mit Freunden.
Profil Unternehmen:
Fiasco GmbH
Das Software-Unternehmen wurde 2021 gegründet. Die KI-basierte Web-Plattform für die Fahrzeugschäden-Abwicklung verbindet alle involvierten Marktteilnehmer: Versicherungen, Werkstätten, Flottenbetreiber, Leasinggesellschaften, künftig auch Gutachter und Rechtsanwälte sowie private Kfz-Halter. USPs sind der automatisierte, vollständig digitale Prozessablauf, die einfache Handhabung sowie die hohe Verlässlichkeit und Genauigkeit der Kostenkalkulation. Das System ist 24/7 verfügbar, kann direkt an bestehende Werkstattsysteme angebunden werden und reduziert den gesamten Aufwand von der Schadensmeldung bis zur Vereinbarung eines Reparaturtermins deutlich.
Für diese Entwicklung haben die Gründer einen Innovationsgutschein für Hightech Start-ups vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg mit der Höchstfördersumme von 20.000 Euro erhalten. Auch das Tübinger KI-Netzwerk Cyber Valley, Europas größtes Forschungskonsortium im Bereich der Künstlichen Intelligenz, konnte die Gründung überzeugen: Seit Juni 2022 ist die FIASCO GmbH Mitglied in der Cyber Valley Start-up-Community.
Derzeit sind bei FIASCO 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz.
Gründer und Geschäftsleitung: Önder Aslan und Harun Coşkun