Wer kann im Notfall für mich handeln?
Lukas G., Gründer eines erfolgreichen IT-Start-ups, fährt die 15 Kilometer ins Büro gerne mit dem Fahrrad. An diesem schönen Frühlingstag freut er sich besonders auf sein Team. Die Firma läuft über alle Erwartungen gut. Lukas geht in Gedanken den Tag durch, heute soll eine neue Mitarbeiterin anfangen, die Unterzeichnung für einen Neukundenvertrag ist auch geplant … nur nicht der Truck, der den Radfahrer beim Abbiegen übersieht und in den Straßengraben schleudert.
Lukas überlebt, fällt aber ins Koma, und es dauert fast ein Jahr, bis er wieder voll einsatz- und entscheidungsfähig ist.
Stellen Sie sich vor, Sie wären Lukas:
Wie soll diese Geschichte weitergehen?
Wählen sie die Variante, die Ihnen lieber wäre.
Variante 1:
„Es wird schon irgendwie gutgehen“:
Lukas‘ Familie ist geschockt, zu den Sorgen um ihn kommen Probleme mit dem jungen Unternehmen hinzu. Niemand weiß, was zu tun ist, es gibt keine Vollmachten und keine Prokura, so dass niemand Entscheidungen treffen kann. Rechnungen bleiben unbezahlt, Außenstände können nicht eingefordert werden. Die Mitarbeiter sind verunsichert und suchen sich bald andere Jobs. Die Kunden springen ab. Das Start-up ist am Ende..
Variante 2:
„Besser heute als morgen vorsorgen“:
Jetzt erweist sich als Glück, dass Lukas frühzeitig an alles gedacht und weitblickend vorgesorgt hat. Er hat sich nicht nur juristisch beraten lassen und eine Vorsorgevollmacht erstellt, sondern auch dafür gesorgt, dass alle wichtigen Unterlagen und Informationen schnell verfügbar sind. So kann ein enger Mitarbeiter, dem Lukas vertraut, die Geschäfte weiterführen. Vielleicht nicht ganz so gut, wie Lukas es selbst getan hätte, aber immerhin kann die Firma weiter arbeiten und die Zeit überbrücken, bis er wieder im Einsatz ist. Und die Familie hat eine große Sorge weniger.
Kein Märchen, sondern eine Frage der unternehmerischen Verantwortung
Warum wir Ihnen diese Geschichte erzählen? Weil Gründerinnen und Gründer an vieles denken, aber Vorsorgefragen leider oft in den Hinterkopf verschieben. Doch ein Unfall oder eine Erkrankung kann urplötzlich kommen. Und was viele nicht wissen: Familienmitglieder, selbst wenn sie die fachliche Eignung hätten, haben keine automatische Befugnis, für Ihr Unternehmen zu handeln. Auch andere Gesellschafter, z. B. bei einer GmbH, können nicht einfach die Geschäfte führen oder Ihre Gesellschafterrechte und -pflichten wahrnehmen. Dazu braucht es rechtlich abgesicherte und klar geregelte Vollmachten. Nur dann können Sie sicher gehen, dass Ihr Unternehmen in Ihrem Sinne weitergeführt werden kann.
Hier die drei wichtigsten Tipps, die Sie beachten sollten:
- Erstellen Sie eine Unternehmer-Vorsorgevollmacht
Ein Muss für Selbständige, Freiberufler, Einzelunternehmer, Gesellschafter und Geschäftsführer einer UG oder GmbH: Bestimmen Sie, wer welche geschäftlichen Entscheidungen treffen und handeln darf, sollten Sie einmal ausfallen. Sie können eine Vertrauensperson angeben oder auch mehrere. Denken Sie auch an Ersatzpersonen, die im Notfall einspringen können, falls Ihrem Bevollmächtigten etwas passiert. Sie können auch regeln, welche unterstützenden Personen im Bedarfsfall hinzugezogen werden können, beispielsweise Steuerberater oder Familienmitglieder. - Hinterlegen Sie einen Notfall-Ordner
Für den Notfall müssen Sie schnelles Handeln ermöglichen. Wichtig ist, dass alles geregelt ist und alle Beteiligten Bescheid wissen. Informieren Sie die bevollmächtigte Person bzw. die Personen, aber auch Ihre Mitarbeiter und Ihre Familie über Ihre Vorsorgeregelung. Eine Vorsorgevollmacht muss immer im Original vorgelegt werden, eine Kopie wird nicht anerkannt. Daher muss Ihrem Bevollmächtigtem das Original vorliegen oder er muss wissen, wo die Original-Vollmacht verwahrt wird und wie er an diese Unterlage kommt. Denken Sie auch an weitere wichtige Informationen, wie Passwörter, Dokumente und Kontaktadressen, die dann gebraucht werden. - Sichern Sie sich durch eine juristische Beratung ab
Das Internet ist voller Ratgeberseiten – gut, um sich grundsätzlich zu informieren. Was Sie aber auf keinen Fall tun sollten, ist einfach irgendwelche vorgefertigten, allgemein gehaltenen Erklärungen oder „Formulare“ downzuloaden und ein paar Kästchen anzukreuzen. Dazu ist die Entscheidung zu komplex, die Fehlerquellen sind zu groß und die Konsequenzen zu weitreichend. Nutzen Sie daher unbedingt anwaltlichen bzw. notariellen Rat, um eine spezifische, rechtssichere und praktikable Regelung zu treffen. Bei Rechtsformen mit Gesellschafterstruktur sollte die Vollmacht auf den Gesellschaftervertrag abgestimmt sein.
Anwalt oder Notar?
Eine juristisch einwandfreie Vorsorgevollmacht kann Ihnen Ihr Anwalt oder ein Notar erstellen. Wesentliche Unterschiede sind:
- Bei einer anwaltlichen Vollmacht gibt es nur ein Original. Wenn das verloren geht, kann Ihre bevollmächtigte Person nicht handeln, weil sie die Vollmacht immer im Original vorweisen muss.
- Ein Notar kann dagegen mehrere Ausfertigungen der beurkundeten Vollmacht erstellen, somit sind mehrere Originale bzw. Ersatz verfügbar.
- Eine notarielle Vollmacht bestätigt zudem, dass Sie bei der Beurkundung voll geschäftsfähig waren, sie kann somit nicht angezweifelt werden.
Eine nicht notariell beurkundete Vorsorgevollmacht sollten Sie zumindest notariell beglaubigen lassen, damit sie auch für Immobiliengeschäfte oder Gesellschaftsvermögen einsetzbar ist.
Nicht vergessen: treffen Sie auch persönliche Vorsorge
Sie sind ja nicht nur Unternehmer, denken Sie deshalb auch an Ihre ganz persönliche Vorsorge. Denn auch hier gilt: Ohne eine geregelte Vorsorgevollmacht hat nicht mal der Ehepartner Zugriff auf Ihr Bankkonto, auch die Durchsetzung einer Patientenverfügung kann problematisch werden. Ersparen Sie Ihrer Familie langwierigen bürokratischen Aufwand und sorgen Sie dafür, dass sie sofort handlungsfähig ist.
Gute Vorsorge entspannt
Keiner befasst sich gerne damit, was im Leben alles schief gehen kann, und Vorsorge zu treffen ist eine weitere Anforderung auf der ohnehin schon langen To-do-Liste von Gründerinnen und Gründern. Aber die Risiken zu ignorieren, ist keine Lösung.
Das Gute daran: Hat man erstmal alles Wichtige für den Notfall geregelt, muss man nicht mehr dran denken. Und zu wissen, dass die Familie und das Unternehmen abgesichert sind, fühlt sich richtig gut an.